Jagdreiter? Ach, die feinen Pinkels in den roten Jacken, die immer so vornehm Sekt schlürfen? Mit einer Einladung an Journalisten ist die Niedersachsenmeute jetzt aktiv gegen dieses Vorurteil angegangen. Bei einem Pressetag öffneten sich in Dorfmark die Kennel-Türen und zeigten den Alltag mit einer Meute aus 48 Foxhounds.
Die wichtigste Botschaft,die nicht oft genug wiederholt werden kann, zog sich durch alle Antworten auf die vielen interessierten Fragen: Bei der Schleppjagd wird kein lebendes Wild gejagt und getötet. Es wird vielmehr auf einer künstlichen Fährte – bei der Niedersachsenmeute ist es eine Lösung aus Wasser mit Anis - eine Jagd so naturnah wie möglich imitiert, und die Reiter sind als Beobachter der Hunde dabei. „Wir tun alles, damit wir Wildberührung vermeiden und die Hunde eine echte Jagd gar nicht erst kennenlernen“, betonte Leonard von Schultzendorff, der die Hunde als einer von fünf Mastern führt.
Das ist ein 24/7-Job, 365 Tage im Jahr und bei jedem Wetter, ob es stürmt oder schneit, bei Krankheit und in gesunden Tagen. Bei der Niedersachsenmeute verteilt er sich auf viele Schultern einer großen Familie.
In Kleingruppen aufgeteilt warten im vor wenigen Jahren neu gebauten „Hundehaus“ 48 irische Foxhounds auf ihre Fütterung, „Zimmerservice“ und täglichen Auslauf und Training auf dem nah gelegenen Übungsgelände am Truppenübungsplatz, das für Autofahrer auf der A7 gut einsehbar ist. Sieben Hunde sind jünger als ein Jahr und brauchen daher spezielle Betreuung, acht sind um die 18 Monate und damit reif zum „Einjagen“ oder Anlernen und einige sind ältere „Rentner“. Um die 30 Hunde „im besten Alter“ zwischen zwei und sechs Jahren sind aktiv bei den bis zu 70 Veranstaltungen im Jahr, die die Niedersachsenmeute bestreitet.
Der Senior-Master Camill von Dungern, der die Anzahl seiner Einsätze mit „sicher über 2000 Jagden in meinem Leben“ beziffert, erläutert, wie sich das Zuchtziel verändert hat seit der Meutegründung 1951 durch seinen Schwiegervater, Christian von Loesch: „Von aggressiv zu lieb“. Sozialverträglichkeit ist neben Gesundheit eines der wichtigsten Merkmale für moderne Meutehunde. Die Begegnung mit fremden Hunden erleben die Dorfmarker schon bei ihrem täglichen Anmarsch in das Trainingsgelände, wo Kondition und allgemeiner Gehorsam geübt werden.
Johan Ellenrieder, Pferdewirt für Zucht und Haltung, ist zusammen mit einer zweiten Betreuerin, Carina Ebert, zuständig für den täglichen Dienst im Kennel. Er überwacht das Geschehen in der Wurfbox, wenn die Welpen zur Welt kommen, bereitet das Futter zu – Trockenfutter und Pansengeschnetzeltes - und kennt jeden einzelnen Hund und dessen Eigenheiten. Wenn er ruft, dann wissen die Hunde, dass sie gemeint sind und kommen wie seine eigenen zwei Haushunde zu ihm gelaufen.
Der Vorsitzende Jobst von Rehden beschreibt das Vereinsleben, das er selbst schon seit Jugendzeiten miterlebt. Neben den Jagden, von Oldenburg bis nach Berlin und von der Lüneburger Heide bis Neuhaus im Solling, sind das vier ganze Wochenenden als "Jagdreitertage" und der "Jugendlehrgang" über eine ganze Wohe im Sommer, bei dem gut 100 Pferde zusammenkommen und etwa 80 Kinder und Jugendliche von 20 berittenen Betreuern mit der Schleppjagd vertraut gemacht werden. Dazu kommen dann noch Demonstrationen bei den unterschiedlichsten Veranstaltern oder Auftritte wie beim Schützenausmarsch in Hannover.
Mit über 800 Mitgliedern ist die Niedersachsenmeute der mit Abstand größte Schleppjagdverein in Deutschland. Leonard von Schultzendorff sieht trotz aller Schwierigkeiten, denen sich die Schleppjagd heute ausgesetzt sieht, eine gute Zukunft für seinen Sport. „Hinter den Hunden erleben wir gemeinsam Abenteuer, ohne Sieger und Verlierer, dicht an der Natur.“
Text und Bilder: Petra Schlemm
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