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Warmeloh mehr als ein Ersatz

„Abgesagt“ – das ist immer schmerzlich. Und manchmal entsteht daraus etwas tolles Neues ohne Dankbarkeit für Gewesenes zu vergessen. In Warmeloh wurde den Brelingern gedankt – mit einem Bild und Unterschriften der drei Master der Niedersachsenmeute, die dort geritten sind. Celestina Löbbecke ist eine davon und gibt Einblick in ihre Empfindungen und Beobachtungen an diesem randvollen Wochenende – schließlich war die Meute am Vortag noch in Verden unterwegs, im 99. Jahr in den Allerwiesen.  



50 Jahre Brelinger Berg

Wir haben das Jahr 2024. Wir wollten mit dem Reit- und Fahrverein Brelinger Berg das 50. Vereinsjubiläum feiern. 50 Jahre sind eine lange Zeit. Wir sind mit der Meute immer gern nach Brelingen zur Jagd gekommen. Wie überall sind aber in den letzten Jahren auch hier die Teilnehmerzahlen gesunken. Für einen Veranstalter demotivierend. Es ist sehr viel Arbeit und ein hoher finanzieller Aufwand, denn am Ende überwiegt meist das Minus in der Kasse. Man braucht Enthusiasmus, Gelassenheit, „Manpower“, viele Anträge müssen gestellt werden, nicht überall darf man mehr reiten. Mit Vielen muss man reden, um sie für den eigenen Wunsch zu gewinnen, dass eine Schleppjagd mit Hunden auch heute noch ihren Stellenwert hat, etwas Besonderes und daher immer noch zeitgemäß ist, allen Unkenrufen zum Trotz.

In Brelingen gab es von diesen Voraussetzungen in diesem Jahr zu wenig. Verbote, keine aktiven Jagdreiter mehr im Verein, unüberschaubare Kosten in Zeiten wie diesen. Und so fiel dem Vorstand des RFVBB der am Ende gefasste Beschluss nicht leicht, die Jagd mit uns abzusagen.




Es ist nicht die einzige Veranstaltung in der Meutelandschaft, die in diesem Jahr abgesagt wurde. Es betrifft fast alle Meuten in Deutschland. Aber immer wieder freuen sich alle Jagdreiter auf die Hauptsaison und über jede Möglichkeit zu reiten.

Es war eine sehr schöne Fügung, dass wir so kurzfristig einen anderen Austragungsort gefunden haben. Unser Mitglied Wolfgang Kailing, ein großer Unterstützer von unseren Jagden, nicht nur in Heitlingen, auch Brelingen immer wohlgesonnen, sprach es aus: die Alternative wäre einzig Warmeloh!

Familiensache

Karl Hermann Alt ist schon seit vielen Jahren keine Jagd mehr geritten. Er hatte die Jagdreiterei gedanklich bereits an den Nagel gehängt. Wer ihn kennt, der weiß, was er früher möglich gemacht hat, um eine Jagd in Warmeloh auszurichten.




Dass er JA sagt und seine Frau Birgit dies voll unterstützt, war gar nicht denkbar.

In knapp drei Wochen eine Jagd vorzubereiten ist kaum realisierbar. Dennoch hat Karl Hermann seine Familie, Freunde, Landwirte, Jäger und die Naturschutzbehörde ganz unkompliziert mitgenommen mit der Ansage, dass wir eben in drei Wochen in Warmeloh wieder Jagd reiten. Um Sprünge aufzubauen hätte noch die Genehmigung einer anderen Behörde eingeholt werden müssen. Aber warum nicht ohne Sprünge reiten? Das Gelände gab so viel her, dass man auch nicht wirklich welche brauchte. Morgens wurde dann doch noch schnell der Mulcher angebaut, um Schneisen zu mähen für die Reiter, während andere ihre Pferde sattelten. Sicher ist sicher! Die von Karl Hermann fachmännisch gelegten Schleppen, die die Hunde entlang der Leine ausarbeiteten, gute Zuschauerführung, bei der man viel sehen konnte: alles perfekt aufeinander abgestimmt. Und einfach ganz viel Hund, wo jeder Reiter Anblick hatte.




Gräben wie in Irland

Es gab dann doch ein paar irische Gräben gleich zu Beginn, die aber zu umreiten waren. Für viele Reiter war das eine Herausforderung, da es in Deutschland auf Jagdstrecken wenige solcher Gräben gibt. Und ein Sprung Rehe, die nichts Besseres vorhatten und die Schleppe kreuzten. Unsere Hunde fanden es spannend, liefen dann aber doch lieber auf der mit Anisöl gelegten Spur. Nach Schleppen durch den Wald folgte als Abschluss eine schöne Runde auf dem Vielseitigkeitsplatz über die Wellenbahn, durch den Wald und zuletzt über eine stattliche Hecke als Halalisprung. Bei nur acht Kilometern Länge der eigentlichen Jagdstrecke kamen mit den Schrittpausen doch rund 18 Kilometer zustande. Bei dem ein oder anderen machte sich das bemerkbar. Den Hunden war jedoch nichts anzumerken, alles nach ihrem Geschmack, alle in Top Form bei diesem herrlichem Jagdwetter.




Hauptakteure: die Hunde

Während der achtjährige Vulcano, lange Kopfhund, noch immer gut mithielt, es wohl aber seine letzte aktive Saison sein wird, ist es inzwischen konstant der fünfjährige Junior, der die Führung als neuer Kopfhund übernommen hat: gezogen väterlicherseits mit Juri aus unserer alten Linie, gepaart mit Susi, einem Geschenk der Taunusmeute. Aus diesem Wurf von 2019 stammt auch unsere Championesse und die Siegerkoppel. Hieraus gingen fünf Welpen als Geschenk zum Gründungsfest nach Süden an den Schleppjagdverein von Bayern. Für Carina Ebert, unsere hauptamtliche Pikörin, wie es bei der Niedersachsenmeute heißt, tatsächlich Kind der Gegend, da selbst aus Neustadt stammend, ist Susi sowieso der Liebling gewesen, nach Einzelkind Kikki, ebenfalls lange Jahre Kopfhund unserer Meute (und väterlicherseits gezogen mit dem Rüden Karlo des Hamburger Schleppjagdvereins), die mit dem gleichen Rüden Juri gepaart, ebenfalls einen Top Wurf hervorbrachte. Kikki ist übrigens die Tante von Vulcano mütterlicherseits. Jetzt vielleicht zu viel auf den Hund gekommen?




Viele Hände schaffen vieles  

Bei den Menschen überall helfende Hände, die ehrenamtlich eine Aufgabe übernommen haben. Angefangen von Birgit Alt, die die Reiter gemeinsam mit Nikola Sack begrüßte, bis zur Tierärztin Susanne Reinstorf und der Ärztin Melanie Meyer, den Sanitätern, die Gott sei Dank allesamt nicht gebraucht wurden. Bruder Thomas Alt regelte gemeinsam mit Marco Gerberding und Lutz Meinecke den Verkehr. Sohn Carl Heinrich Alt fuhr mit dem Trecker vorweg und lotste die anderen Trecker mit Zuschauern parallel zum Jagdgeschehen zu interessanten Plätzen, elf Gespanne insgesamt. Auch Tochter Marie wirkte leise im Hintergrund.

Julia Runge, 2. Vorsitzende vom RFV Brelinger Berg, war als Zuschauerin mit dabei genauso wie Tom Braun, der ebenfalls ein wenig Brelinger Flair mit nach Warmeloh brachte und mit Karl Hermann als Schleppbegleiter ritt.

Und dann gab es da noch die Jagdherrin Paula Reinstorf, eigentlich fest verwurzelt mit dem RFV Brelinger Berg und eher als erfolgreiche Vielseitigkeitsreiterin unterwegs. Unterstützt von ihrer Schwester Lena führte sie das 1. Feld. Ihr Vater Enno, früher ebenfalls sehr aktiv, und Großvater Peter Reinstorf, der die Jagd in Brelingen jahrelang mit unterstützt hat und mit seiner Frau als Zuschauer dabei war, brachten sich für die Jagd voller Elan mit ein. Der Speicher bzw. die alte Scheune auf dem Hof Alt war besonders schön geschmückt und bot die Möglichkeit zum Sitzen und Verweilen. Heike Nebel führte das 2. Feld im gemäßigteren Tempo und Camilla von Dungern bot ein Genießerfeld an, wo zwei junge Damen, erst vier und sechs Jahre alt, in Warmeloh ihre allererste Jagd ritten.



Hier schließt sich irgendwie der Kreis. Und es zeigt doch, dass alle an Bord waren, Brelingen und Warmeloh, jung und alt, Hunde aus der ganzen Meutelandschaft, Nichtmitglieder, Mitglieder, Reiter aus dem Umkreis, alte und neue Freunde, wie man es sich wünschen würde, mit gegenseitiger Unterstützung, Wertschätzung und einfach Freude am Ganzen sowie so vielen begeisterten Zuschauern- viele hiervon, die selber geritten sind und so noch „zu Fuß“ dabei sein konnten. Und selbst das „herrlich“ von Klaus Tessmann gab es in Warmeloh, wo dessen Sohn Dieter Wurzeln geschlagen und die zwanzig Bläser vor Ort begleiten durfte.

Wirklich etwas Besonderes

Was so Besonders war an diesem Tag? War es die neue Strecke, auf die viele vielleicht neugierig waren, vielleicht deswegen gekommen sind? Oder hauptsächlich der tolle Zusammenhalt vor Ort sowie das Kommen der Reiter, die damit diese Veranstaltung unterstützt haben?




Es war sowohl vor wie auch nach der Jagd einfach warmherzig, gesellig, unheimlich gastfreundlich und eine sehr schöne Stimmung. Mit 78 Jagdreitern haben wir ganz bestimmt die höchste Beteiligung seit Jahren und sowieso über dem jährlichen Durchschnitt erreicht. Könnte es sein, dass am Ende genau diese Jagdstrecke, auf der man so viel von der Hundearbeit sehen konnte und die Hunde laut jagend der Theorie entsprechend die gelegte Schleppe ausgearbeitet haben, am meisten in Erinnerung bleibt? Hin und wieder ein Überschießen der Meute an Ecken, wie man es sich als Fährtenleger erhofft, um etwas Zeit für die Reiter wieder gutmachen zu können, die Hunde hopsend durch hohe Zwischenfrüchte, als ob das ein Kinderspiel wäre, und dabei nicht den Faden verlierend, laut jagend und immer in die richtige Richtung.

Liebe Birgit, lieber Karl Hermann, dass Ihr uns allen diese Jagd ermöglicht habt, mit all diesen Menschen vor Ort, die das ebenso unterstützt haben, war eine große Freude, ein Geschenk. Etwas wirklich ganz Besonderes. Danke! Danke, dass wir in Warmeloh reiten konnten! Und dass wir dabei so eine besondere Familie und Gemeinschaft kennenlernen durften.




Text: Celestina Löbbecke und Bilder: Thomas Ix. Mehr von ihm unter www.foto-ix.de

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