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Weises Wunderwallach: echter Solitär

Freizeitpferd – das klingt bei manchen in der Szene eher abfällig. Aber wetten, dass viele Turnierreiter froh wären, ein Pferd wie Solitär im Stall zu haben?



Dieser Wunder-Wallach geht Jagden, Dressur, Springen, vor der Kutsche bis zur schweren Klasse, hat inzwischen mehrere S-Dressurplatzierungen, sogar gegen Profis, und zweifacher Champion ist er auch noch, Freizeitpferdechampion für Hannover und auf Bundesebene, in 2016 war das schon. „Das erste Mal bei den Cappenbergern an den Hunden mit dem Schleppgeschirr – das war kein Problem. Er macht es einfach“, ist seine Besitzerin und Reiterin Dr. Claudia Weise inzwischen nicht mehr erstaunt über ihren dunkelbraunen Hannoveraner. 

Sechzehn Jahre alt ist Solitär inzwischen, und die hat er fast ausschließlich bei Weise verbracht. Die Juristin, die im Immobilienbereich tätig ist und gerade bundesweit die Hamburger Hafencity vermakelt, entdeckte den kleinen Hengst bei Familie Gresens in Lamstedt. Von Scolari (Sandro Hit) aus einer Baroncelli-Stute, also rein auf Dressur gezogen. Da war er gerade drei Monate alt. „Ich saß an einem Montag im Büro und der hat mir rein optisch gefallen.“ Außerdem war ihr damaliges Pferd Rabbit krank und na ja, da hat sie sich eben spontan ein Fohlen gekauft.



Solitär ist Hengst geblieben bis dreieinhalbjährig. „Er misst 1,71m Stock, aber wiegt nie mehr als 540 Kilogramm, ist eher der Vollbluttyp, wird einfach nicht voller“, hat sich Weise inzwischen abgefunden. Sie hat das Pferd selbst angeritten und eingefahren. Er ging Eignungsprüfungen unter dem Sattel und war vor der Kutsche qualifiziert für das Bundeschampionat der Fahrpferde. „Alles lief immer völlig unkompliziert“. Gestartet beim Bundeschampionat hat sie ihn allerdings nicht. „Er ist einfach zu leicht. Wenn es im Gelände mit der Kutsche schwer wird, dann ist er einfach nicht kräftig genug“. Umso ausgiebiger sind die beiden mittlerweile nur zum Spaß an den Wochenenden unterwegs und fahren  „auf Besuch“, einfach zum Spaß durch die Lüneburger Heide, Weise und ihr Mann „auf einen Kaffee“ nach Schnede oder anderswo hin. 




Noch einfacher als das Einfahren gelang es, Solitär mit Geländehindernissen vertraut zu machen, nicht zuletzt bei Lehrgängen mit Aidan O’Connell. Der Wallach geht jeden Sprung an „wie ein Cavaletti, fast schon unnatürlich. Er fürchtet sich vor gar nichts, vermutlich ist er irgendwie autistisch,“ hat Claudia Weise seinen Charakter für sich interpretiert.



Stolpersteine auf dem Weg gab es auch: der „Klassiker“ Kolik war es nicht, aber dafür ein schwerer Weideunfall. Anfang 2014, mit knapp fünf Jahren hat er sich im Elektrozaun verfangen und eine Arterie im Sprunggelenk durchtrennt, sehr knapp überlebt mit Bluttransfusionen und drei Monaten in der Klinik. Da war dann erst einmal ein halbes Jahr Pause wegen eines zentimetertiefen Lochs direkt in der Beuge des Sprunggelenkes. Aber alles ist gut verheilt, und dann startete Solitär richtig durch, gewann mit Claudia Weise Bronze beim Championat der Freizeitpferde in Verden. „Da wusste ich noch nicht so richtig, was da verlangt wird.“ Im nächsten Jahr war es ihr klarer und die beiden verließen als Sieger in Verden den Platz.



Wer die Ausschreibung dieses Championats studiert, der stellt fest, dass da vielleicht nicht die Topleistungen, aber dafür besonders viel blindes Vertrauen und Gehorsam auf vielen verschiedenen Gebieten gefragt sind. Hut ab!




Ausbildung bei zwei „richtigen“ Dressur- und Springausbildern endeten mit dem Votum „so wirklich Lust zu Dressur hat der wohl nicht.“ Aber dann kam vor sechs Jahren Sellina Steffen auf den Plan. „Die beiden haben sich zusammen entwickelt, von Dressurreiterprüfungen der Klasse A bis zur S-Dressur“, ist Claudia Weise stolz auf alle beiden, die Reiterin und ihr Pferd. Zuletzt ist Solitär fünfter geworden in Hamburg in einer Zwei-Sterne-Dressurprüfung gegen Profi-Reiter. Allein in 2024 haben die beiden zusammen 15 Siege und Platzierungen in M bis S-Dressur (bis St.Georg-Niveau) gewonnen und haben nebenbei auch bei drei Starts in zwei A-Springen mit Abstand gesiegt. Ohne Gamaschen im Transporter, ohne SchickiMicki-Getöse, aber mit viel Weidegang am Stall in Luhmühlen – Solitär ist ein echtes „Freizeitpferd“, geliebt, aber nicht verhätschelt.


Dafür ist der Wunder-Wallach geduldig mit Sellinas kleiner Tochter Lucia, wenn sie ihm beim Füttern zwischen den Vorderbeinen herumkrabbelt, und genauso zuverlässig, wenn Weise mit ihm zur Jagd zieht, ob Sudermühlen, Ehlbeck oder andere Herausforderungen.


Jetzt alle mal aufzeigen, die so ein „Freizeitpferd“ lieber nicht haben wollten.


Text: PS und Bilder: privat

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